Digitaler Wandel im Mittelstand

EINZELHANDEL 2.0 – DIGITALISIERUNG ENTLANG DER CUSTOMER JOURNEY: 

Technologische Neuerungen und die Digitalisierung haben das Konsumverhalten nachhaltig verändert. Denn mit den neuen Technologien kaufen Kund:innen wann immer sie wollen und sie kaufen was immer sie wollen.

Unternehmer Thomas und seine strategische Neuausrichtung

Thomas hat vor zwölf Jahren ein Einzelhandelsunternehmen mit sechs Angestellten übernommen. Er selbst war dort vorher jahrelanger, zufriedener Kunde. Als er 2008 vom Gründer persönlich angesprochen wurde und dieser Thomas mitteilte, dass der jahrzehntelange Familienbesitz in gute Hände abzugeben sei, entschied er sich nach ausgiebigen Überlegungen dafür, das Unternehmen zu übernehmen.

Der Betrieb war gut aufgestellt, hatte einen loyalen, regionalen Kundenstamm und die ehemaligen Inhaber standen Thomas während der Übernahme mit Rat und Tat zur Seite.

Wir schreiben das Jahr 2020 und Digitalisierung ist in aller Munde. Alles ist irgendwie schneller und technischer geworden, Märkte, Wettbewerb, Nachfrage und vor allem die Verhaltensweisen der Konsument:innen haben sich verändert. Und nicht nur die Kund:innen, sondern auch die Webseite sind in die Jahre gekommen. Zwar gibt es einen kleinen Online-Shop, aber der ist kompliziert und viele Kund:innen berichten, dass sie wegen der Handhabung lieber vor Ort einkaufen.

Inzwischen hat Thomas eingesehen, dass es nicht mehr darum geht, ob Digitalisierung gut oder schlecht ist. Deshalb möchte er mit dieser digitalen Unumgänglichkeit umgehen und davon profitieren können.

Dass die Kund:innen von heute und morgen längst digital sind und das Angebot den Bedürfnissen sowohl offline als auch online auf allen Kanälen entsprechen soll, hat er gerade wieder in einem Newsletter des Verbandes gelesen.

Dort wurde auch über Forschungsergebnisse berichtet die bestätigen, dass Unternehmen mit klaren Zielgruppen-Kenntnissen und konsequenter Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Kund:innen erfolgreicher und langlebiger am Markt sind. Thomas möchte raus aus seiner Komfortzone, neue digitale Standards setzen, was für das Unternehmen eine optimierte Markt- und Kundenorientierung bedeutet, sowohl online- als auch offline.

Auch der stationäre Handel ist im Wandel

Technologische Neuerungen und die Digitalisierung haben das Konsumverhalten nachhaltig verändert. Und mit den neuen Technologien kaufen Kundinnen und Kunden wann immer sie wollen und sie kaufen was immer sie wollen. Hinzu kommt das ortsunabhängige Einkaufen: Während die Kund:innen bislang zum Handel kam, kommt dieser im digitalen Zeitalter zur Kundschaft. Und zwar möglichst in jedem Berührungspunkt des Kaufprozesses.

Nicht mehr das Ladengeschäft ist der Ort des Verkaufs, sondern die Kundschaft selbst, die mobil, situativ und individuell den Zeitpunkt und den Zugang zum Einkaufsformat wählt und bestimmt.

Besonders im Handel haben die Erwartungen der Kund:innen an das komplette Einkaufserlebnis einen großen Einfluss auf den Konsum. Aber nicht alle Zielgruppen haben gleiche Erwartungshaltungen.

Wie eine amerikanische Beratungsgesellschaft ermittelte, unterscheiden sich jüngeren Käufer:innen aus den Bevölkerungsgruppen „Millennials“ und „Generation Z“ (in der Studie bezeichnet als Käufergruppe „Digital Consumer“, Alter 18-37 Jahre) stark von den älteren Käufergruppen, also der „Generation X“, den „Baby Boomers“ und der „Silent Generation“ (zusammengefasst als „Traditional Consumer“).

Das sind erstmal viele Begriffe, Namen und Zahlen, aber die Erkenntnisse sind besonders für Thomas mit seinem Einzelhandelsunternehmen wichtig und sollten bei der Planung von In-Store- und der Online-Shopping-Erlebnisstrategien unbedingt Beachtung finden.

Thomas findet die Ergebnisse der Umfrage spannend. Nachdenklich macht ihn allerdings die Info, dass zwei Drittel der Käufer:innen nach einer nicht zufriedenstellenden Erfahrung nicht mehr bei dem Unternehmen einkaufen. Auch hier gibt es Einsichten, die unbedingt zukünftig beachtet werden sollten.

Customer Journey – den Weg der Kundschaft verstehen und kennen

Der Zugang zur Kundschaft hat eine essentielle Bedeutung  – das war Thomas schon immer klar. Die Kundenreise ( = „Customer Journey“) entwickelt sich auch immer weiter. Weil die Käufer:innen über verschiedene Kanäle recherchieren und im Idealfall den einfachen Zugang zu den Produkten und Informationen direkt, zum Beispiel auf einem mobilen Endgerät, haben. Somit bietet jeder Schritt der Kundenreisen Möglichkeiten, in Kontakt zu treten. Und das kann eine bereits bestehende persönliche Beziehung stärken oder eine neue aufbauen.

Für die strategische Planung ist es wichtig, dass sich alle über die unterschiedlichen Eigenschaften der Kanäle und Marketinginstrumente im Klaren sind. Jede Maßnahme wird entsprechend der Nutzungsgewohnheiten der Zielgruppen geplant und umgesetzt. Dabei sollten möglichst viele positive Kontaktpunkte (auch bekannt als „Touchpoints“) im Verlauf der Kundenreise herbeigeführt werden. Diese möglichst positiven Kontaktpunkte sind die Basis im Bewusstsein der Zielgruppen. Folglich sind sie ein entscheidender Erfolgsfaktor. Denn die Zielgruppen bauen darüber eine Beziehung zum Unternehmen und den Produkten bzw. Dienstleistungen auf.

Thomas hatte vor einigen Jahren oftmals den Eindruck, dass sein stationärer Einzelhandel manchmal wie ein Showroom des Internets sei. Er lacht und fügt hinzu, dass er langsam zu der Einsicht komme, dass das Internet der Showroom für den stationären Handel werden könnte. Kunden recherchieren online vor ihrem Einkauf zu Produkt- und Standortinformationen und schon sind sie da abzuholen.

Und das bestätigt auch die o.g. Studie: Vor dem Betreten eines stationären Geschäftes recherchieren alle Generationsgruppen mit Hilfe modernster Technologien. Ob einfache Websuche oder über Kundenbewertungen – noch nie waren die technischen Möglichkeiten, mit denen sich Produkte recherchieren lassen so vielfältig wie heute.

97 % der Gruppe der 18 – 37jährigen („Digital Consumer“) recherchieren online, bevor sie ins stationäre Geschäft gehen, sie konzentrieren sich stärker auf die Priorisierung der Einkäufe. Demgegenüber recherchieren auch 90 % der älteren Konsumenten („Traditional Consumer“) vorher online, allerdings konzentrieren sich diese eher auf Preise und Rabatte.

Hinsichtlich der Ziele und Erwartungen variiert das Einkaufsverhalten der Käufer:innen übrigens massiv, was Thomas anhand seiner bisher erhobenen Daten bestätigt.So werden Produkte von der jüngeren Käufergruppe vor dem Einkauf „erforscht“, Verbraucherbewertungen werden gesucht, um fundierte Kaufentscheidungen treffen zu können. Bei der Geschäftsauswahl wünschen sich 65 % personalisierte Empfehlungen zu erhalten. Ebenfalls bevorzugen 65 % die Möglichkeit, schnell und einfach mit Mobile-Payment-Systemen zu bezahlen.

Zudem ist die schnelle Lieferung am selben Tag für 77 % dieser Käufergruppe Grund, ein stationäres Geschäft auszuwählen. Und die „Digital Consumer“ tendieren eher dazu, Feedback über Social Media zu geben. So kommunizieren sie sowohl außergewöhnliche als auch unbefriedigende Erlebnisse beim Einkauf.

Von der älteren Käufergruppe werden Produktverfügbarkeit und wettbewerbsfähige Preise vor dem Einkauf recherchiert. Sie entscheiden sich für ein Geschäft, in dem die Verkäufer*innen direkt nicht vorrätig Produkte bestellen können. Auch wenn diese Gruppe toleranter hinsichtlich des Lieferzeitpunktes sind, wählt ein Großteil (86 %) eher ein Geschäft, das den Service kostenloser Lieferung anbietet. Die „Traditional Consumer“ geben selten Feedback zum Einkaufserlebnis über Social Media. Sie kontaktieren das Handelsunternehmen eher direkt. Insbesondere bei unbefriedigenden Erfahrungen.

„Wow“ – Thomas ist begeistert. Zwar sind das viele Zahlen, Fakten und Begriffe, aber sie liefern ihm Antworten auf so viele Fragen, die ihm immer wieder in seinem Geschäftsalltag begegnen. Da es eines seiner Ziele ist, seine Käufergruppen-Kenntnisse zu erweitern, möchte er noch mehr erfahren. Jetzt wird ihm auch klar, warum eine konsequente Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse so wichtig ist. Für ihn ist diese strategische Perspektive, fernab vom sonst so vertrauten Tagesgeschäft, sehr besonders. Hier möchte er dranbleiben. Zudem will er mit seinem Team Abläufe gezielt anpassen, um mit der sich entwickelnden Kundenreise Schritt zu halten.

Alle Ergebnisse der Umfrage sind übrigens im Bericht 2019 Consumer Shopping Habits – The Generation Gap zu finden.

Digitalisierung schafft Zugang zum Konsumenten, und Cross-Channel ist Thomas‘ Zukunft

„Was ist denn nun schon wieder dieses Cross-Channel?“ fragt Thomas beim nächsten Treffen. Das überarbeitete digitale Geschäftsmodell ermöglicht es, über verschiedene Kanäle und Kontaktpunkte mit den Kund:innen in Kontakt zu treten. Diese sind online und offline aufeinander abgestimmt und machen sich die neuen Technologien zu Nutze.

Durch zunehmende Cross- bzw. Multi-Channel-Aktivitäten werden die einzelnen Kanäle verschmelzen, die Trennung online und offline sukzessive aufgehoben, und durch diese geschickte Verknüpfung kann die Kundschaft das Beste aus beiden Welten erhalten. Klingt das nicht toll? Für Thomas heißt das: Mehr Reichweite, Erweiterung seines Warenangebots und einen erhöhten Kundennutzen zu schaffen. Und das wird nun auf Papier festhalten.

Thomas‘ neues Factsheet

✅ Fact 1: Digital muss zum neuen Standard werden

Nur wer im Internet aktiv ist, existiert in den Augen der Konsument:innen. Klingt erstmal hart, ist aber so. Also müssen diese bei ihren Internetrecherchen bereits vor einem möglichen Kauf mit relevanten Informationen versorgt werden: Adresse, Öffnungszeiten, Kontaktmöglichkeiten und Sortiment stellen Basisanforderungen dar. Zudem sollten in einem nächsten Schritt weiterführenden Produktinformationen und spezielle Serviceleistungen direkt kommuniziert werden.

✅ Fact 2: Schritt halten mit den neuen Technologien

Um zeitgemäße Markt- und Kundenorientierung zu gewährleisten und das optimierte, digitale Geschäftsmodell umsetzen zu können, muss auch der Stand der technischen Infrastruktur geprüft werden. Thomas war diesbezüglich schon in Kontakt und wird diesen umgehend wieder aktivieren, denn er weiß, dass ein gescheites Warenwirtschaftssystem unverzichtbar für all die neuen digitalen Schritte ist.

Zudem stellt ein solches System eine effiziente Basis für die Optimierung von Arbeitsprozessen innerhalb des Unternehmens dar. Nach diesem technischen Ausflug geht es weiter an die kreative, strategische Planung.

✅ Fact 3: Customer Journey, Kontaktpunkte und zielmarktkonforme Angebot

Auch wenn sich im Geschäftsmodell einiges ändert, so bleibt natürlich der Kern des Verkaufens: auf die Kund:innen zugeschnittene Waren, professionelle Beratung und persönlicher Kundenservice, Emotionen und Erlebnis.

Auf definierten Zielgruppen basierend wird zunächst fleißig analysiert und hinterfragt. Um ein besseres Verständnis für die Zielgruppen zu erhalten, werden mögliche positive Kontaktpunkte der Customer Journey während des gesamten Kundenerlebnisses identifiziert.

Mit dem Ziel, ein kundenzentriertes, digitales Geschäftsmodell mit nachhaltigem Nutzen für seine Kundschaft zu entwickeln, wird das bisherige Geschäftsmodell um mögliche digitale Kontaktpunkte ergänzt. Daran anknüpfend werden Maßnahmen für Suchmaschenmarketing und Social Media Marketing geplant und in einem Maßnahmenplan festgehalten. So kann das Unternehmen zukünftig verstärkt kanalunabhängig kommunizieren und individuell bedienen.

✅ Fact 4: Erlebnis-Einzelhandel als Kontakt- und Kundenbindungs-maßnahmen

Thomas möchte in seinem Unternehmen die Kundschaft mit begeisternden Erlebnissen ansprechen. Er mag das Customer Journey Modell und ist der Meinung, dass seine Verkaufsfläche die ideale Bühne ist um zu zeigen, worum es bei seinen Produkten geht und zudem erweiterte Service-Dienstleistungen anzubieten.

Sein Ziel ist es, eine emotionale und authentische Geschäftserweiterung zu schaffen, die der Kundschaft Anlass gibt, auch außerhalb des normalen Kaufverhaltens mal vorbeizuschauen. Wenn die Buchhandlung von nebenan das mit Lesungen und Autogrammstunden von Autoren schafft oder auch das Sportgeschäft gegenüber durch eine Erweiterung von Sportkursen, dann schafft er das mit seinem Team auch.

✅ Fact 5: Erweiterter Service als Mehrwert für Online- und Offline-Welt

Dass erweiterter Service für alle Altersgruppen bedeutend ist, weiß Thomas inzwischen. Bisher wurde über weiteren Service nicht nachgedacht. Inzwischen ist ihm bewusst, dass dieser in der heutigen Zeit ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor im Handel ist und zentrale Stellschraube, wenn es darum geht, die Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu steigern.

Mit dem Wissen, dass Service nicht gleich Service ist, und unterschiedliche Angebote für die verschiedenen Konsumentenbedürfnisse geschaffen werden sollen, werden kreative Ideen, spezielle Serviceleistungen und individualisierte Angebote entwickelt.

Um die Stärken gegenüber dem reinen Online-Handel herausarbeiten, möchte Thomas, dass das Einzelhandelsgeschäft, neben dem erweiterten Einkaufserlebnis, mehr Service und eine sehr persönliche Ansprache über seine Mitarbeiter:innen anbietet. Die persönliche Beratung ist eben doch Trumpf – deshalb werden für die Optimierung des persönlichen Services vor Ort Verkaufsschulungen geplant, so dass die Mitarbeiter:innen spezifischeres Produktwissen erhalten und dadurch in den Verkaufsgesprächen selbstbewusster, aktiver und präsenter sind.

Was die reine Kaufabwicklung betrifft, so werden neben der Erweiterung von Mobile-Payment-Systemen ebenfalls Click-und-Collect-Services angeboten, die den Kund:innen die vor-Ort-Abholung von bestellten Produkten vereinfacht. Als VIP-Abo-Service denkt Thomas über einen 3-Stunden-Lieferungsservice nach. Dessen Weiterentwicklung und Umsetzung plant er allerdings für einen späteren Zeitraum.

✅ Fact 6: Unternehmenskultur und ¬Führung kontinuierlich reflektieren und adaptieren

Thomas weiß, dass die Zukunft nicht vorhergesagt werden kann und nur grobe Schätzungen möglich sind. Deshalb ist es ihm wichtig, dass auch die gesamte Organisation so aufgebaut wird, dass alle Bereiche schnell auf neue Gegebenheiten reagieren können. Das Ziel eines agilen, dynamikrobusten Unternehmens findet Thomas super. Er möchte ein neues Denken im Unternehmen etablieren und sich von nun an innovativ an Kundschaft und Marktnachfrage ausrichten. Es ist ihm klar, dass er als Chef der Treiber solcher Prozesse ist. In den regelmäßig stattfindenden Team-Meetings wird er daher Agilität und Innovation zu einem festen Punkt auf der Agenda machen. Zudem plant er, in regelmäßigen Abständen und unter externer, professioneller Begleitung fortlaufend Strategien und Prozesse zu prüfen und zeitgemäß auf den maximalen Kundennutzen auszurichten.

Zusammengefasst 6 Facts zu Thomas neuer strategischer Ausrichtung

  • Bestimmung des relevanten Marktes
  • Analyse Markt- und Wettbewerb
  • Definition von Kernangebot und Kundennutzen
  • Definition Zielkunden und entsprechende Angebotsausrichtung
  • Formulierung Alleinstellungsmerkmal (USP)
  • Ableitung Marketing-Ziele und Marketing-Maßnahmenplan

Fazit

Das klingt alles super spannend? Ist es auch. 😃 Und eine solche Zusammenarbeit ist hier und da zwar fordernd, aber mit einer humorvollen Haltung und den ein oder anderen Aha-Momenten kann diese eine ganz tolle, zukunftweisende Sache werden.

Übrigens wird die Beratung zur Digitalisierung von Geschäftsprozessen sowie Produkten und Dienstleistungen vom Land Hessen gefördert. Kleine und mittlere Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler können Beratungsleistungen mit Landesförderung in Anspruch nehmen. Ich bin Beraterin beim RKW Hessen und unterstütze Sie gerne bei der Konkretisierung Ihres Themas sowie einer unkomplizierten Fördermittelabwicklung.

Schauen Sie gerne für weitere Informationen beim RKW Hessen vorbei oder kontaktieren Sie mich dazu direkt. Zudem können Sie direkt in meinem Kalender ein kostenfreies Erstgespräch buchen, in dem wir gemeinsam besprechen, wie wir Ihre Business auf das nächste Level heben. 😊 Lassen Sie uns anpacken, was vor Ihnen liegt. Ich würde mich über eine Zusammenarbeit freuen. 👋

 👉 Anmerkung: Dieser Blog-Beitrag ist vor der Corona-Krise entstanden und berücksichtigt daher nicht die jüngsten, Corona-bedingten Entwicklungen.

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